Leitlinie: Stadtteilarbeit

Leitlinie: Stadtteilarbeit

– das strategische Zentrum unserer Aktivitäten –

Wir setzen auf kontinuierliche Praxis, auf eigene Aktivitäten, auf Arbeit zu verschiedenen Themen, auf Kampagnen, auf Basisarbeit und Klassenkämpfe in verschiedenen Bereichen. Der Stadtteilarbeit kommt dabei hier und heute eine zentrale Bedeutung zu.

Wir verstehen unter Stadtteilarbeit die kontinuierliche Basisarbeit und Praxis in einem Stadtteil, um die Verankerung unserer Ideen und revolutionäre Perspektive in der lohnabhängigen Klasse voranzutreiben, mit dem Ziel die Klasse zu aktivieren, den Klassenkampf voranzutreiben, wo nötig erst auszulösen und nicht zuletzt die Selbstermächtigung und Organisierung unserer Klasse voranzutreiben.

Warum der Stadtteil so wichtig für uns ist?

Der Stadtteil ist (auch durch die Veränderung der Produktionsverhältnisse – weg von der Bündelung der Arbeiter*innenklasse in den Fabriken, hin zu der verstärkten Verlagerung von produktiver Arbeit in „Billiglohnländer“, dem damit verbundenen Ausbau des Dienstleistungssektors, des Niedriglohnsektors und der Zeitarbeit) einer der Orte an dem alle gesellschaftlichen Teile unserer Klasse zusammenkommen. Ob Arbeiter*innen, Student*innen, Schüler*innen und Erwerbslose, sie alle finden sich in den Häusern, den Ämtern, Schulen, Universitäten, Kitas, Spielplätzen, Supermärkten und Kneipen im Stadtteil wieder.

Und ebenso wie der Betrieb ist der Stadtteil ein Ort stetiger Klassenauseinandersetzungen, in dem Angriffe auf unsere Lebensbedingungen ganz direkt stattfinden. Diese Auseinandersetzung sind dabei konkrete Ansatzpunkte für eine klassenkämpferische Politik.

Dabei unterscheiden wir bei der Stadtteilarbeit in zwei Bereiche: Einmal Stadtteilpolitik und einmal die Politik in den Stadtteil zu tragen.

Stadtteilpolitik …

… greift Themen direkt aus dem Stadtteil auf und setzt an konkreter Unzufriedenheit, an sozialen, ökonomischen und kulturellen Interessen der Arbeiter*innenklasse an, thematisiert die Probleme des Alltags und organisiert Kämpfe für konkrete Interessen gemeinsam mit den Bewohner*innen.

Mögliche Themen sind bspw. die Wohnsituation, Energiekosten, hohe Mieten, allg. Lebensbedingungen, Gentrifizierung, Lebenshaltungskosten, Einkommen, Kündigungen, Rassismus, Sexismus und häusliche Gewalt, die Gestaltung öffentlicher Plätze, Parks und Sportplätze, Läden/ Kneipen und deren Preise, Jugendzentren, Arbeitsbedingungen u.a.

Aber auch Scheinbeteiligungen zur Umstrukturierung und Gestaltung unserer Stadtteile, die fehlende Möglichkeit einer tatsächlichen Mitgestaltung, die dahinter steckenden ökonomischen Mechanismen und Interessen des Kapitals sind mögliche Themenfelder für uns.

Gerade bei stadtteilpolitischen Themen kommt auch die Frage der kulturellen und sozialen Hegemonie zum Tragen, mit deren Hilfe wir den „vorpolitischen“ Raum besetzen können. Durch Feste, Konzerte, Essen, oder allgemeiner mit kulturellen und sozialen Veranstaltungen unter solidarischem/politischem Vorzeichen gelingt es auf niedrigschwelliger Art und Weise Menschen anzusprechen, unsere Positionen zu verbreiten, zu verankern und damit einen Schritt zur Aktivierung und Organisierung von den Menschen aus dem Stadtteil zu schaffen.

Politik in den Stadtteil tragen …

… bedeutet eigene politische Themen, Inhalte und Kämpfe (die über den Stadtteil hinaus reichen) in den Stadtteil hineinzutragen und den Stadtteil damit zu politisieren.

Konkret bedeutet das unter anderem, dass ein Teil der Praxis themenbezogener Basisgruppen der Organisation (Antifa, Frauenkampf, …) immer wieder im oder vom Stadtteil aus stattfindet.

Dadurch werden politische Themen, Inhalte und Kämpfe in den Stadtteil hineingetragen, der Stadtteil politisiert und unsere allgemeinen revolutionären Aktivitäten (und Positionen) konkret mit dem Stadtteil verbunden. Dabei sind aktuelle politische Widersprüche und gesellschaftliche Konflikte Ansatzpunkte für uns, um Position zu beziehen. So können wir auf unseren inhaltlichen Grundlagen betrieblichen, antifaschistischen, antipatriarchalen und antirassistischen Themen, Internationalismus, Ökologie, Antiimperialismus und gegen Militarismus und Krieg etc. gerichteten Ansätzen einen stadtteilspezifischen Ausdruck verleihen.

Selbstverständlich ist hierbei darauf zu achten, dass immer ein möglichst konkreter und greifbarer Bezug zum Stadtteil hergestellt wird, dass eigene Aktivitäten am Bewusstseinsstand, an Interessen und konkreter Unzufriedenheit der Arbeiter*innenklasse ansetzen und versucht wird möglichst viele Bewohner*innen zu aktivieren und zu organisieren.

Das heißt für uns: Aktivitäten, Kampagnen, Kundgebungen, Demos, Infotische, etc. finden, wann immer möglich und wenn es sinnvoll ist, vor Ort statt. Und es wird prioritär im eigenen Stadtteil plakatiert. Weiter prägen wir das Straßenbild durch Aufkleber, Plakate, aber auch durch kontinuierliche Briefkastenverteilungen …
Unsere Aktivitäten werden vor Ort beworben und nach Möglichkeit Kundgebungen oder Demos im Viertel durchgeführt. Es werden Mittel und Wege gesucht, die im Anschluss eine eigenständige Berichterstattung ermöglichen, die von den Menschen vor Ort auch wahrgenommen wird.

Mit diesen fokussierten Aktivitäten können wir uns im Straßenbild sichtbar, uns bei den Leuten bekannt machen, aber auch eine „Normalisierung“ linker/revolutionärer Politik vorantreiben, indem wir für unsere Positionen einstehen.

Aufgaben im Stadtteil

Eine dauerhafte personelle Präsenz vor Ort ist zur Verankerung im Stadtteil notwendig, um als Teil des Viertels wahr- und angenommen zu werden, aber auch um ansprechbar zu sein und um konkrete Kämpfe führen zu können. Die Bereitschaft von Aktivist*innen, dort langfristig zu wohnen, ist deshalb Voraussetzung für Stadtteilarbeit!

Es ist auch Aufgabe jeder Stadtteilgruppe, einen Treffpunkt zu schaffen und am Leben zu erhalten, an dem die Organisation ansprechbar ist, von dem aus wir agieren und der den Lohnabhängigen des Viertels offen steht. Ob dies ein Zentrum oder Stadtteilladen ist oder ein anderer öffentlich zugänglicher Treffpunkt, hängt von den jeweiligen Kräfteverhältnissen ab.

Es gilt dabei unseren Stadtteil immer wieder genau unter die Lupe zu nehmen und zu analysieren, um gesellschaftliche Unzufriedenheit bereits im Entstehungsprozess erkennen und nutzen zu können. Dabei müssen wir uns immer wieder fragen, welche Themen, Möglichkeiten und Formen für konkrete Aktivitäten und Kämpfe es gibt, die direkt an den Interessen des Proletariats oder zumindest von Teilen desselben in unseren Stadtteilen ansetzen und von diesen auch als die ihren wahrgenommen werden, an denen sie sich beteiligen oder mit denen sie zumindest offen sympathisieren – denn nur solche Aktivitäten und Kämpfe ermöglichen Entwicklungssprünge und zunehmende Verankerung.

Unsere Wahrnehmbarkeit und Verankerung muss den Kräften entsprechend vorangetrieben werden. Dabei haben wir uns auf eine langfristige Aufgabe und auf kontinuierliche Praxis, die einen langen Atem braucht, einzustellen.

Basisarbeit und Klassenkampf im Stadtteil

Stadtteilarbeit ist unser strategisches Zentrum und unser zentraler Hebel zur Weiterentwicklung der lokalen Klassenkämpfe, notwendiger revolutionärer Aktivitäten und zum Auf- und Ausbau unserer organisatorischen Strukturen. Aktivist*innen sollen hierbei für die revolutionäre Sache gewonnen werden, Erfahrungen in den praktischen Auseinandersetzungen sammeln, sich weiterentwickeln und -bilden sowie ihr Wissen und ihre Erkenntnisse an Andere weitergeben. Die Stadtteilarbeit soll also kollektive Erfahrungen generieren und auf der Grundlage von Erfahrungsaustausch und Kritik der Weiterentwicklung eigener Praxis, Strategie und Taktik dienen. Vor allem soll aber die Basis, die Klasse, mit linker Politik und unseren Positionen in Berührung kommen, mit dem Ziel damit Stück für Stück unsere Verankerung voranzubringen, aber auch die Klasse zu aktivieren und zu organisieren.

Deshalb existiert in jeder unserer Ortsgruppen in mindestens einem proletarischen Viertel eine Basisgruppe Stadtteil. Deren Aufgabe ist es, eine kontinuierliche linke Praxis im Viertel zu organisieren, Agitation und Propaganda durchzuführen, eigene Aktivitäten und Basisarbeit zu entwickeln und Kämpfe für die konkreten Interessen der Bewohner*innen gemeinsam mit diesen zu organisieren. Hierüber wollen wir als ständig präsenter Faktor der Klasse im Stadtteil wahrnehmbar sein und unsere Kritik an den bestehenden Verhältnissen, an Kapitalismus und Klassengesellschaft sowie unsere Kritik an Rassismus, Patriarchat, Nationalismus, kurzum die Kritik an der herrschenden Ideologie und dem gesellschaftlichen Überbau sowie unsere Inhalte und Ziele verankern. Weiter soll die Stadtteilarbeit für uns als organisierte autonomie über die Stadtgrenzen hinaus gemeinsames Handeln, gemeinsame Initiativen und Kampagnen, sowie die Weitergabe von Erfahrungen, Erkenntnissen und Möglichkeiten hervorbringen und uns überregional als Organisation sichtbar machen.

Unsere Aktivitäten im Stadtteil zielen darauf ab, Klassenbewusstsein, das heißt Bewusstsein über Lage und Stellung der Arbeiter*innen in der Gesellschaft und dadurch auch über die eigenen Interessen zu schaffen, mit dem Ziel diese zu aktivieren, und letztlich zu organisieren. Der Widerspruch zwischen den Klassen und der im Kapitalismus unauflösliche Interessengegensatz von Kapital und Arbeit soll in allen Themen, Aktivitäten und Veröffentlichungen herausgearbeitet und stets offengelegt werden. Damit soll und muss die verbundene Frage der Gegenmacht und die Perspektive einer befreiten Gesellschaft zu einem (zentralen) Moment unserer Praxis und unseres Inhalts – auch im Stadtteil – werden.

Kurz: Wir verheimlichen unsere Perspektive nicht und diese muss auch zum Ausdruck kommen: Wir kämpfen für eine revolutionäre Umwälzung – d.h. für eine befreite Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.