Europa und sein Faschismus-Revival
10. September 2024Warum heißt es heute eigentlich wieder Rechts um? – Warum schreitet die reaktionäre Entwicklung und der Aufschwung der Faschist*innen in Europa scheinbar unaufhaltsam voran?
Die Überschrift verrät es schon, das reaktionäre Ungarn ist kein Einzelfall. Woher kommt das, dass es plötzlich überall wieder erfolgreiche Faschist*innen gibt? In Ungarn, den Niederlanden und in Italien regieren Faschist*innen bereits, in Frankreich, Österreich und anderen Staaten stehen sie am Eingang zur Macht und in vielen weiteren Ländern wächst ihr Einfluss. Warum?
Ökonomische Krisen, sinkende Löhne, steigende Preise, hohe Mieten, Wohnungsnot, Kriege, der Klimawandel, Flüchtlingsbewegungen, Niedriglohnjobs, Erwerbslosigkeit, wachsende Armut und vieles mehr: der Neoliberalismus der herrschenden Klasse schafft länderübergreifend wachsende Verunsicherung und Unzufriedenheit. Die alten bürgerlichen Parteien haben durch ihren neoliberalen Kurs, der ausschließlich an den Profitinteressen der weltweit agierenden Banken und Konzerne orientiert ist, die Menschen von sich weggetrieben. Über Jahre ging dieser Kurs zu Lasten der Mehrheit. Kein Wunder, dass der Stern der alten bürgerlichen Parteien sinkt. In manchen Ländern, z.B. Italien, sind sie bereits nahezu verschwunden.
Bevor die wachsende Unsicherheit und Unzufriedenheit sich nun nicht vorgegebene Bahnen suchen konnte, präsentierten sich in zahlreichen europäischen Ländern mit den meist neuen, modernisierten faschistischen Parteien, vermeintliche Alternativen zum bis dahin in der Regel hegemonialen alten bürgerlichen Parteien-Block. Mit entsprechendem Support durch die bürgerlichen Medien, durch von der weiteren Monopolisierung der Wirtschaft bedrohte Kapitalist*innen, durch öffentliche Verharmlosung gelang es dieser scheinbaren Alternative sich als Opposition darzustellen. Jenseits ihrer angepassten wahren Ausrichtung, die sozialpolitisch insgeheim meist eine Radikalisierung der bisherigen neoliberalen Ausrichtung bürgerlicher Parteien in Aussicht stellt und mancherorts, wie im Italien Melonis bereits durchsetzt, entwickelten sie um sich ein Gebäude aus Fake News und rassistischer und faschistischer Propaganda. So gelang es ihnen, die Unzufriedenheit vieler einzufangen und nicht nur ein paar vom Abstieg bedrohte Kleinbürger*innen hinter sich zu versammeln. Die meist auf Anpassungskurs segelnde institutionalisierte parteiförmige Linke, darin geübt, die Formen des von den bürgerlichen vorgegebenen Diskurses, die Formen bürgerlicher Kultur, Denk- und Handlungsweisen, sowie deren inhaltliche Positionen zu adaptieren, stellte hierzu meist keine Wahlalternative mehr dar und hatte auch keine verkaufbaren Alternativen zu bieten. Die (links-) sozialdemokratisch orientierten Wahlalternativen hatten sich unter dem Druck jahrzehntelanger neoliberaler Politik, in der kein Platz für wählbare Reformen vorgesehen war, meist angepasst, wegbewegt von ihren Ursprüngen, wegbewegt von der Mehrheit, wegbewegt von den Lohnarbeitenden und ihren Interessen. Sie wollten koalitionsfähig werden und wurden zum Teil des Problems.
Zu guter Letzt soll hier noch erwähnt werden, dass Im Windschatten der Wahlerfolge, der neuen faschistischen Parteien, von diesen gedeckt, und wie einst die SA für die Drecksarbeit benutzt, in fast allen europäischen Staaten, weiterhin faschistische Traditionsparteien, Kleinstparteien, Nazibanden, Terrorgruppen und andere faschistische Netzwerke existieren.