Analyse: Team Menschenrechte – oder eher Team rechte Menschen?

Analyse: Team Menschenrechte – oder eher Team rechte Menschen?

01. Juli 2025 Aus Von oa

Seit Monaten protestieren jeden Montag hunderte Menschen gegen den faschistischen Aufmarsch des „Team Menschenrechte“. Dieser Analysetext beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung der Gruppierung, die aus den „Corona-Rebellen“ hervorging, ihrer Funktion und Ideologie, sowie ihren Methoden.

Dieser Text versucht die Gruppierung „Team Menschenrechte Nürnberg“, die längst nicht mehr nur in Nürnberg selbst, sondern auch im Umland aktiv ist, politisch einzuordnen. Er zeigt die Entwicklung dieser Gruppierung, von einem Zusammenschluss, der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen organisiert, hin zu einem quasi-Vorfeld der AfD und einer Anlaufstelle für andere Rechte, Neonazis und Faschist*innen auf. Die Entwicklung dieser Gruppierung ist noch offen. Dieser Text wurde vor dem 12.5.2025 verfasst.

In Nürnberg ziehen jeden Montag etwa 100 Personen, regelmäßig mit Beteiligung von Funktionären der AfD und auch der NPD-Nachfolgepartei „Die Heimat“ durch Nürnberg und schwenken dabei viele verschiedene Fahnen – meist Deutschland- und Friedensfahnen. Fester Bestandteil sind auch Trommler und mehr oder weniger vorbereitete Reden, die gerade bei Aufreger-Themen mehr gebrüllt als gesprochen werden. Hervorgegangen ist der montägliche bizarre Marsch aus der Querdenker-Bewegung gegen die Corona-Maßnahmen. Veranstaltet wird er von einer Gruppierung, die sich „Team Menschenrechte“ nennt.

Seit Mitte 2021 etablierte sich das so genannte „Team Menschenrechte Nürnberg“ zunächst als Ableger der Querdenker-Bewegung und damit als Nachfolger von „Querdenken911 Nürnberg“. „Querdenken911 Nürnberg“ war durch die Veranstaltung von gegen die Corona-Maßnahmen gerichteten Demonstrationen bekannt geworden, aber auch durch Kontakte zu Neonazis und Reichsbürger und rascher Übernahme rechter und reaktionärer Inhalte.

„Team Menschenrechte“ (ab hier als „TMR“ abgekürzt) setzte nach dem Abflauen der Corona-Pandemie stark auf friedenspolitische Themen. Bereits vor der Verschärfung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine Anfang 2022 wurde auf TMR-Demonstrationen gefordert, alle Rüstungsexporte aus Deutschland generell einzustellen und abzurüsten. Aufgrund einzelner Akteure, die dazu einigermaßen zusammenhängend und überzeugend reden konnten, konnte TMR zeitweise als friedenspolitische Kraft auftreten und darüber auch Menschen mobilisieren. Die Demonstrationen schafften es sogar, Menschen anzuziehen, die mit der vorherigen Ausrichtung nicht viel anfangen konnten. Doch im Aktivistenkreis wurde schon länger über die inhaltliche Linie gestritten. Der Teil, der heute noch unter dem Namen „Team Menschenrechte“ auftritt, wollte Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen als weiteren Themenschwerpunkt der Demonstrationen setzen, was ein anderer Teil nicht mitmachen wollte. Es kam letztlich zur Spaltung, nachdem keine Einigung wie mit den unterschiedlichen Ausrichtungen umgegangen werden sollte, erzielt wurde.

Nach der Spaltung geht es weiter nach rechts

Nach der Abspaltung der eher friedenspolitisch aktiven Aktivist*innen Organisator*innen, etwa April/Mai 2023, ist nun auch „Team Menschenrechte“ eindeutig ein Vehikel für den rechten Versuch, kulturelle und politische Hegemonie zu erlangen. Gab man sich Anfangs noch überparteilich, sind heute AfD-Funktionäre häufig die Redner, die auf den TMR-Veranstaltungen auftreten. TMR bewirbt in ihrem Telegram-Kanal auch nahezu alle Veranstaltungen mit rassistischen und rechten irrationalen Forderungen in der Region und darüber hinaus. Auch die Inhalte der einschlägig rechten Medienlandschaft sind dort als Reposts zu finden.

Auch wenn TMR sich nach eigenen Angaben immer noch für „Frieden“, „Meinungsfreiheit“ und „Entscheidungsfreiheit“ einsetzt, wird jedoch von den aktuell tonangebenden Aktivist*innen kein Hehl aus ihrer rechten Gesinnung gemacht. Ein Wahlsieg der AfD wird als Heilmittel für alle Probleme verkauft, während aber im Kanal schon auch mal über angeblich unfähiges AfD-Personal gelästert wird. Besonders provoziert fühlen sich die TMR-Macher*innen von Migrant*innen, Linken und queeren Menschen, was wohl auch erklärt, warum TMR nun schon zwei Mal „Gegenkundgebungen“ zum Nürnberger CSD organisierte, die aber deutlich kleiner ausfielen als ihre Montagsdemonstrationen.

Doch worum es TMR insgesamt geht ist nicht wirklich Frieden für alle Menschen, Freiheit für alle oder gar generell universelle, für alle Menschen geltende gute Lebensbedingungen. TMR reiht sich mittlerweile ein in die zahllosen spalterischen Versuche, die lohnabhängige Bevölkerung gegeneinander aufzuhetzen. Das Ziel von TMR ist es, menschenverachtende, kapitalistische Ausbeutung stabilisierende Politik im Mainstream zu verankern. Zunehmend nutzen TMR dafür Mittel der Nötigung und Einschüchterung, wie z.B. das aggressive Filmen von Personen, die sie als Feinde identifiziert haben. Sie betreiben zu diesem Zweck auch zahlreiche Social Media-Kanäle.

TMR gibt sich dabei stehts als verfolgte Unschuld. Mehrere Aktivist*innen von TMR sind – nach eigenen Angaben – mittlerweile wegen Volksverhetzung verurteilt, was ihrer Entwicklung nach ganz weit rechts jedoch keinen Abbruch getan hat. Jede Reaktion, sei es eine staatliche oder Gegenprotest scheint die Kerngruppe von TMR nur noch mehr Anzuheizen. In ihrem Stil ähneln sie damit stark US-amerikanischen Vorbildern, sowohl von den Inhalten, die sie aufgreifen, als auch in der Art der Aktionsformen. Es geht ihnen immer übertrieben stark darum, wahrgenommen zu werden. Leider fördern die Behörden den massiven Geltungsdrang der rechten Aktivist*innen sehr stark und ermöglichten ihnen immer wieder ihre provokanten Aktionen durchzuführen, wenn es sein muss auch mit Gewalt. Dabei spielt die Polizei auch gerne mal das Spiel der rechten Provokateure mit und ermöglicht ihnen z.B. das aggressive Abfilmen von Demonstrant*innen aus nächster Nähe um dann den so Belästigten wahrheitswidrig zu erklären, der aggressive Filmer sei ein Journalist und würde das schon rechtskonform handhaben.

Eine Taktik von Team Menschenrechte ist es, Mini-Kundgebungen gegen alle möglichen Kundgebungen zu veranstalten, als auch Deutschland-Fahnen schwenkend mit dem PKW durch migrantisch und alternativ geprägte Stadtteile zu fahren. Für die verrücktesten Aktionen lassen sich zwar längst nicht alle Teilnehmer*innen der Montagsmärsche gewinnen, aber aus der rechten Internet-Bubble erhalten die TMR-Macher*innen viel Zuspruch in Form von Likes und Klicks. Diese hohen Klickzahlen werden dann manisch zelebriert.

Heute, nach drei Jahren Reise nach rechts ist TMR ein Sammelpunkt für jene geworden, die keine eigenen Inhalte haben, und die sich ändernde Welt als persönliche Zumutung betrachten, die sie nicht verstehen

Auch einige Absurditäten der spätkapitalistischen Welt werden von TMR aufgegriffen, so dass bei der Themenvielfalt quasi für jeden mal was dabei ist, wenn man sich aufregen will. Doch so wie eine kaputte Uhr zwar zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt, sonst aber nicht,

können ein paar Phrasen, die auch vernünftige Menschen ansprechen nicht ausgleichen, dass es TMR eigentlich nur um die Erhaltung, bzw. die Wiederherstellung weißer und patriarchaler Privilegien geht. Dass die von ihnen bekämpften Bewegungen, wie z.B. die (Queer-)Feministische, die Antirassistische sowie Black Lives Matter-Bewegung, eine Reaktion auf Imperialismus und kapitalistische Ausbeutung und dadurch resultierende Ungleichheit sind, wird ausgeblendet und soziale Proteste als Bedrohung einer imaginierten, eigenen Identität und Kultur gesehen. Es stören damit TMR nicht wirklich Staat, Herrschaft, Krieg und Eigentum, sondern dass Staat und Herrschaft nicht auf ihre selbstbezogenen Bedürfnisse ausgerichtet sind. Vom Staat gewährte Freiheiten sollen für sie, aber nicht für andere gelten. Andere sollen sich an ihnen ausrichten. Wer das nicht so sieht ist entweder „linksextrem“, „islamistisch“ oder schlicht „gaga“. Überhaupt schafft es TMR, Menschen und Organisationen, die ihnen nicht gefallen oft gleichzeitig als alles mögliche zu bezeichnen. So ist die aktuelle Bundesregierung gleichzeitig „faschistisch“ und „linksextrem“. Auch hier zeigt sich eine Übernahme des leider in Europa und USA weit verbreiteten rechten Taktik, alles was eine rechten Hegemonie im Wege steht mit unbelegten Vorwürfen zu überziehen. Migrationsbewegungen werden bei Reden als „Invasion“ bezeichnet, Antifaschist*innen als „rote SA“. Bei fast jedem Montagsmarsch wird auch eine „Gegen Nazis“ Fahne gezeigt. Das Kalkül ist das gleiche wie bei der Bezeichnung von Antifaschist*innen als „Nazis“, „SA“, etc. Man selbst sei „gegen Nazis“, das seien nämlich ihre Gegner*innen. Offensichtlich in ihrem deutschen Untertanenstolz verletzt durch die zum Teil tatsächlich übergriffigen Corona-Maßnahmen, können die Hauptaktivist*innen von TMR es nicht mehr lassen, nach Sündenböcken für den angeblichen Niedergang Deutschlands zu suchen. Dabei sind sie willig, jede irrationale Rechte Aussage zu übernehmen, solange es gegen den imaginierten „linken Mainstream“ geht.

Sie sind, wie nahezu alle Rechten, Staatsfreaks, die ständig nach der „richtigen, wahren“ Herrschaft verlangen. Ein Kapitalismus, der auf die Beschädigten durch diesen Kapitalismus Rücksicht nimmt (aus welchen Gründen auch immer) wollen sie nicht. Kritische Stimmen sollen vom Staat bekämpft werden, ihre eigenen rassistischen und anti-sozialen Forderungen sollen sofort umgesetzt werden. Inhalte, die ihnen nicht gefallen, sollen zensiert werden, ihre eigenen rassistischen und antifeministischen Ausfälle sollen jedoch von der „Meinungsfreiheit“ geschützt sein. Dabei kommt ihnen entgegen, dass staatlicherseits tatsächlich unterschiedlich mit geäußerten Aussagen verfahren wird. Während z.B. die Palästina-Soli-Bewegung nahezu zu bei jeder Aktivität argwöhnisch durch Polizei und Justiz beobachtet und verfolgt wird, können rechte Aktivist*innen, selbst dann wenn es gleichzeitig in anderen Ländern massive rechte Pogrome gibt, wie z.B. 2024 in Großbritannien, nahezu ungestört weiter hetzen. Das betrifft nicht nur die rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen im Internet, sondern auch die zahlreichen öffentlichen Hetzreden.

All das ist hässlich genug. Ab etwa Sommer 2024 ging die Entwicklung von TMR dann hin zu einer offenen Zusammenarbeit mit Neonazis. TMR hat mittlerweile mindestens zwei Kundgebungen in Stein gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft veranstaltet, an der u.A. Aktivisten der NPD-Nachfolgepartei „Die Heimat“ teilnahmen und auch zu der Islam-Hasser-Kundgebung der ehemaligen PEGIDA-Aktivisten aufgerufen, die auch von dem Attentat auf den bekannten rechten Hetzer Michael Stürzenberger in Mannheim profitieren wollten. Auf mindestens zwei Kundgebungen posierten die Hauptaktivist*innen von TMR mit Anhängern der sogenannten „Identitären“, deren Führungsfigur der Österreicher Martin Sellner ist. Ab Dezember 2024 beteiligten sich dann auch jüngere extrem rechte Aktivisten, die aggressiv auftraten und den montäglichen Marsch von TMR als Treffpunkt nutzten. So entstanden auch Social Media Accounts aus dieser Ecke, die Interessierte ansprechen wollen mit den üblichen extrem rechten Themen. Ein geteiltes Video beginnt mit der Einblendung „Du hast genug von: Ausländerkriminalität? Linksgrünen Lehrern? LGBTQ? Dem deutschen Schuldkult? Werde aktiv!“ Empfohlen wird dann, zum Marsch von TMR zu kommen und der TMR-Telegram-Gruppe beizutreten.

Ein Zusammenhang von etwa 10-15 extrem rechten Personen nutzt den Aufmarsch von TMR, um aktiv Mitglieder für eine rechte Aktionsgruppe, die sie aufbauen wollen, zu werben Von TMR werden die Angehörigen dieser Gruppe für Ordnerdienste eingesetzt. Aus Videoaufnahmen geht hervor, dass mindestens eine Person der extrem rechten Gruppe sich als persönlicher Bodyguard für Frank K. Und Astrid H. begreift. Dieser oft aggressiv auftretende Mann, soll auch an einem Angriff auf vermeintliche Gegendemonstrant*innen nach dem Aufmarsch beteiligt gewesen sein. Er und andere aus dem Ordner*innentrupp besuchten auch den von extrem rechten Parteien und Organisationen ausgerichteten 1. Mai in Gera. Dabei fielen einige aus der Gruppe mit T-Shirts mit der Aufschrift „Sonnenstudio 88“ auf, die zudem noch die „schwarze Sonne“, ein bei Neonazis beliebtes Ersatz-Symbol für das verbotene Hakenkreuz, zeigten.

Aber auch die nicht offen Neonazistischen Teilnehmer*innen bei TMR sind nicht harmlos. Ein neuerer Teilnehmer bei TMR brüstete sich im Telegram-Kanal, seinen Hund auf Gegendemonstrant*innen gehetzt zu haben. Offensichtlich wurde das von der Polizei oder dem Ordnungsamt registriert, denn zum darauf folgenden Aufmarsch, war das mitführen von Hunden per Auflage untersagt.

Ein offener, rechter Treffpunkt ist entstanden

TMR bietet damit jeden Montag, und auch sonst wenn sie etwas anmelden, einen Sammelpunkt für rechte Menschen und faschistische Hetze. Auch wenn die offensichtliche inhaltliche Inkonsistenz von TMR und ihre Versuche, sich als überparteilich darzustellen die extreme Rechte früher eher abgeschreckt hatten, gibt es nun in Nürnberg eine Anlaufstelle für Faschist*innen,die auch genutzt wird. Der Kern von TMR hat in den letzten Monaten ganz klar gezeigt, dass die über Jahre an ihnen geäußerte Kritik und auch antifaschistische Interventionen sie nur in ihrem rechten Kurs bestärkt haben. Ihr aggressiver Nationalismus, ihr Hass auf nicht-rechte politische Haltungen und ihr Versuch marginalisierte Rechte zu vereinigen ist Teil einer umfassenden Reaktionären Offensive, die antikapitalistische Ansätze weiter marginalisieren und den Kapitalismus über seine zahlreichen Krisen retten soll. In diesem Ziel sind sich TMR mit der abgewählten Ampel-Regierung, die sie „kritisieren“ wollten, grundsätzlich einig, ob ihnen das bewusst ist, kann jedoch angezweifelt werden. Das perfide an der reaktionären Offensive ist, dass es nicht darauf ankommt, ob jemand dabei mitmachen will. Jede Aktivität, die die staatliche Kontrolle über Menschen erweitert, statt den Menschen die Möglichkeiten zu verschaffen, über ihre Leben selbst zu entscheiden, ist Teil dieser reaktionären Offensive. So tragen auch TMR nach ihrer Hinwendung zur rassistischen Panikmache gegen migrantische Menschen dazu bei, weitere Gesetzesverschärfungen zu ermöglichen. Mit ihrer weitgehend argumentlosen Ablehnung von Regeln, die ihnen nicht gefallen, helfen sie, fundierte Kritiker zu diskreditieren, indem dann behauptet wird: „Gegen Ausgangsperren in der Pandemie? Dann bist wie Team Menschenrechte, und die sind Spinner“.

Ihre rassistischen Projektionen und ihr strammer Antikommunismus machen sie zu nützlichen Idioten anderer rechter Kräfte, die sicher nicht „Frieden“, „Freiheit“ und „Selbstbestimmung“ für alle Menschen im Sinn haben. Bei TMR ist aber auf Einsicht in die eigene politisch gesellschaftliche Funktion nicht zu hoffen, zu oft haben sie ihren vermeintlichen Gegner*innen vorgeworfen, was sie selbst tun, nämlich andere Positionen lächerlich zu machen oder gar als faschistische Positionen zu denunzieren. Auch, dass ausgerechnet die ihnen angeblich immer noch wichtige Friedensposition überhaupt nicht zu einer Abbremsung der durch den Staat vorangetriebenen Militarisierung führt, während andere Themen, die sie stark bewegen öffentlich gerne aufgegriffen werden, gibt ihnen nicht zu denken. Lieber nochmal behaupten, die Innenministerin der SPD, der Rot-Grün-Gelben Koalition bis 2025, Nancy Faeser und „die Antifa“ steckten unter einer Decke! Menschen die über Selbstreflektion verfügen, wären aber wahrscheinlich auch nicht bei TMR gelandet. Die Anführer von „Team Menschenrechte“ haben spätestens ab Dezember 2024 klar gezeigt, dass sie Faschist*innen nicht nur dulden, sondern aktiv die Zusammenarbeit suchen. Die häufigsten Parolen des Marsches sind dann auch einschlägige Naziparolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und „Remigration“. Ab Anfang 2025, als die zunehmende Beteiligung von Menschen aus dem Neonazi-Spektrum offensichtlich wurde, nahm auch der antifaschistische Protest zu. Es kam zu zahlreichen Blockaden der Wegstrecke von TMR.

Dennoch wurde der Marsch durch die Stadt Nürnberg kaum eingeschränkt. Was Antifaschist*innen bisher jedoch erreichen konnten, ist Aufmerksamkeit für diese neue Anlaufstelle von aktionsorientierten extremen Rechten zu schaffen. Auch konnte die Wahrnehmbarkeit in Nürnberg dadurch stark eingeschränkt werden, dass die Polizei die Straßen jedes Mal erst mit hohem Polizeieinsatz (manchmal mindestens zwei Hundertschaften) frei räumen musste. Es hat jedoch den Anschein, dass auch hier der Staat wieder nichts dazu beiträgt, die Bildung rechtsterroristischer Gruppen und Szenen zu verhindern oder zu erschweren. Im Gegenteil, es scheint, dass mit dem massiven Vorgehen gegen antifaschistische Proteste und dem Eingehen auf die extrem rechten bis irren Forderungen von TMR die Entstehung rechter Banden aktiv gefördert wird. Dazu gehört auch, seitens der Behörden das Auftreten rechter Aktivist*innen mit Kamera als „Journalismus“ zu werten und diesen explizit mit TMR zusammen arbeitenden Medienaktivist*innen eine privilegierte Position einzuräumen. So schreitet die Polizei in der Regel nicht ein, wenn dieser Teil des faschistischen Aufmarsches Polizeiketten durchqueren möchte. Die rechten Medienaktivist*innen sind Teil der faschistischen Provokation und erfüllen die Aufgabe, antifaschistisch agierende Menschen, die sich rechten Provokationen entgegen stellen, einzuschüchtern. Dabei geraten die rechten Medienaktivist*innen und Streamer*innen auch regelmäßig, aber seltsam konsequenzlos mit den Einsatzkräften aneinander. Da immer mehr dieser rechten Medienaktivisten auftauchen, besteht für alle Menschen, die sich im Umfeld der Naziprovokation bewegen das Risiko ungewollt gefilmt und live ins Internet übertragen zu werden. Eingehen auf die Provokationen der Streamer sollte man nicht, es dient ihnen nur als weiteres Material für ihre rechte Propaganda.

Der rechte Marsch von TMR ist derzeit für Neonazis, aktivistische AfD-Anhänger*innen, rechte Streampropagandist*innen und Rassist*innen ohne andere feste Strukturen der Hauptanlauf- und Bezugspunkt. Da Nazis sich in Nürnberg oft genug gar nicht treffen können und selbst die AfD immer wieder große Probleme hat, Veranstaltungsorte für ihre Hetze zu finden, ist es umso unverständlicher, warum immer Montags den extrem rechten Hetzer*innen in Nürnberg von Stadt und Polizei der rote Teppich ausgerollt wird. Das Verhalten der Behörden ermöglicht objektiv den Aufbau einer rechten Szene, die klar erkennbar rassistische, queerfeindlich, frauenfeindlich und gewaltbereit ist. Die Polizei ermöglicht den Rechten mit ihren Einsätzen gegen Antifaschist*innen Erfolgserlebnisse, nur um dann plötzlich abwesend zu sein, wenn Gegendemonstrant*innen angegriffen werden. In der Vergangenheit führte ein solches tolerieren oder gar Fördern rechter Organisationsversuche zu weiteren extrem rechten Angriffen und Anschlägen. Im Extremfall entwickeln sich aus solchen rechten Szenen auch Terror-Netzwerke wie der NSU.

Was tun?

In Zeiten sich zuspitzender ökonomischer Krisen und stetig weiter eskalierenden Spannungen zwischen den alten und neuen imperialistischen Zentren ist der Kapitalismus in eine Phase eingetreten, in der es auf echte Alternativen zur kapitalistischen Wirtschaft ankommt. Um Gegenmacht aufbauen zu können, müssen wir handlungsfähig bleiben. Das heißt, wir müssen rechte Versuche, gesellschaftliche Räume zu erobern bekämpfen, so wie es in Nürnberg, dank stabiler Antifaschist*innen auch immer geschehen ist und geschehen wird, dürfen uns aber gleichzeitig nicht ausschließlich daran abarbeiten.

Im Zeitalter der sozialen Medien und des Internet kann selbst der Online-Hass schnell auf der Straße zu Pogromen führen. Das haben die Ereignisse in UK im August 2024 nochmal nach Pogromen in anderen Ländern wie Irland und Türkei gezeigt. Darum ist es wichtig, dass wir uns darauf konzentrieren antifaschistische Strukturen zu schaffen an der Basis, in Stadtteilen, Betrieben, Schulen, etc. die die Communities zusammenbringen und in der Lage sind Gegenmacht aufzubauen. Nur das kann den Versuchen der bürgerlichen „Demokraten“ sowie faschistischen Akteuren wirklich etwas entgegensetzen. Sich jedoch Grünen, SPD und anderen Linksliberalen an den Hals zu werfen, die mit ihrer unsozialen ökonomischen Politik und ihrem Abschiebe- und Abschottungsregime Teil des Problems sind, wird uns, wie auch die letzten zwei Jahrzehnte, nicht weiter bringen.