Antifaschismus normalisieren – warum das heute notwendig ist – Basis- & Stadtteilarbeit in der Praxis
05. Dezember 2025Antifaschismus ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die meisten Menschen wollen keine Nazis, keine Hetze und keine rechte Gewalt. Und trotzdem erleben wir seit einigen Jahren eine gesellschaftliche Rechtsentwicklung: rechte Positionen tauchen in medialen Debatten auf und bestimmen den Diskurs, rechte Politik wird quer durch das Parteienspektrum durchgesetzt und nicht von ungefähr treten rechte Gruppen selbstbewusster auf – gleichzeitig geraten antifaschistische Stimmen stärker unter Druck.
Gerade deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig und notwendig, Antifaschismus im Alltag und an der Basis zu verankern, um der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung etwas entgegenzusetzen. Mit dem Artikel wollen wir einen kleinen Einblick in unsere Ansätze und unsere Überlegungen geben.
Rechte Aufmärsche: kein Zufall
Die Beispiele der letzten Jahre zeigen, dass rechte Kräfte wieder präsenter geworden sind: Gerade in Nürnberg lässt sich ein Lied davon singen. Woche für Woche marschiert das sog. Team Menschenrechte auf – eine rechte Sammelbewegung, die aus „Corona-Rebell*innen“ & Querdenker*innen entstanden ist und aus Faschist*innen und anderen Rechten besteht. Aber auch in anderen Städten machten Bewegungen wie „Gemeinsam für Deutschland“ und daraus entstandene Spaltungsbewegungen den Versuch, regelmäßig in Städten präsent zu sein – auch oft unter Beteiligung von Nazis des III. Wegs, der Heimat oder anderweitig organisierten Faschist*innen.
Dass solche Aufmärsche wieder vermehrt stattfinden, ist kein Zufall, sondern Ausdruck der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung, die auch organisierten Faschist*innen wieder die Möglichkeit gibt, selbstbewusst aufzutreten.
Das macht es auch weiterhin notwendig und richtig, aktiven Widerstand gegen Faschist*innen auf der Straße zu leisten.
Aber die gesellschaftliche Rechtsentwicklung findet nicht nur auf der Straße, sondern auch im Alltag – in den Debatten, in den Medien, im Betrieb und im Stadtteil – statt. Daher ist es notwendig genau dort anzusetzen.
Antifaschismus im Alltag verankern – doch wie?
Antifaschismus ist nicht nur das aktive Vorgehen gegen Faschist*innen auf der Straße. Er richtet sich auch gegen die Bedingungen, unter denen rechte Positionen wachsen: soziale Konkurrenz, soziale Unsicherheit und nationalistische Erzählungen.
Hier gilt es anzusetzen und der rechten Ideologie von Ausgrenzung und Ungleichheit eine antifaschistische solidarische Kultur entgegenzusetzen.
Wir wollen Antifaschismus im Alltag spür- und erlebbar machen. Es soll nicht außergewöhnlich sein, sich antifaschistisch zu bezeichnen, sondern der Normalzustand. Anders formuliert wollen wir entgegen dem aktuellen Trend dazu beitragen, dass eine antifaschistische Haltung wieder hegemonial wird. D.h. sich solidarisch mit Ausgegrenzten zu zeigen, vermeintlich oder tatsächlich Schwächeren unter die Arme zu greifen und rassistischen, antisemitischen und antifeministischen Aussagen zu widersprechen – und das überall dort wo man ist, in der Familie, mit Freund*innen, in der U-Bahn oder bei der Arbeit.
Das heißt konkret:
- Ursachen benennen und bekämpfen – Den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus, zwischen Kapitalinteressen und dem Erstarken von Faschist*innen zu thematisieren, des weiteren kapitalistische Realität, soziale Unsicherheit, drohenden sozialen Abstieg, die alltägliche Konkurrenz, den stetigen Abbau von sozialen Leistungen zum Thema zu machen und vieles mehr
- Populismus entgegentreten und die tatsächlich Verantwortlichen benennen – es sind nicht die Geflüchteten und die Bürgergeldempfänger*innen, sondern es sind die Reichen, die wir uns nicht mehr leisten können.
- Eine antifaschistische Präsenz im Stadtteil (im Betrieb, …) aufbauen – durch linke und antifaschistische Positionen, durch Plakate, Flyer, Aufkleber etc., aber auch, indem rechten Positionen keinen Platz gelassen wird und diese offensiv entfernt werden
- Antifaschistische und solidarische Kultur schaffen und erlebbar machen – durch eine Präsenz im Stadtteil, durch Räume, in denen Austausch möglich ist, in denen auch kontrovers diskutiert werden kann und in denen sich gegenseitig geholfen wird
- z.B. durch antifaschistische Fußballturniere oder Feste– Hier tragen wir eine antifaschistische Haltung in den Alltag und normalisieren diese Haltung – gegen Faschismus, gegen Rassismus, gegen rechte Politik und für eine solidarische, antifaschistische Gesellschaft.
Uns ist bewusst, dass all diese Beispiele nur ein Anfang sein können. Aber genau so kann Veränderung beginnen: im Kleinen, im Konkreten, im Alltag – dort, wo wir leben, arbeiten, einkaufen, zur Schule gehen, uns begegnen. Kurz: Wir müssen „dort kämpfen, wo das Leben ist“.
Kämpfen bedeutet dabei nicht nur Demonstrationen, Blockaden oder Aktionen auf der Straße. Es bedeutet auch, jeden Tag um die Köpfe und Herzen der Menschen zu ringen – im Gespräch in der U-Bahn, im Betrieb, am Infotisch oder im Austausch mit Nachbar*innen. Antifaschismus ist auch die leise, geduldige Arbeit im Alltag. Antifaschismus beginnt im Alltag – und dort kann er stark werden.
