Unsere Antwort auf ihre Wehrpflicht: Organisierte Jugend, kollektiver Widerstand
05. Dezember 2025Als Jugendgruppe der organisierten autonomie Nürnberg arbeiten wir zu Themen, die Jugendliche in unserer Stadt, und auch darüber hinaus, besonders betreffen. Dabei ist uns wichtig, unsere Aktionen anderen Jugendlichen nicht von Außen aufzudrücken, sondern auf Grundlage unserer Basisarbeit mit ihnen gemeinsam Kämpfe zu entwickeln und zu führen.
Schnell fiel unser Augenmerk im Herbst 2024 auf das Thema Militarisierung und eine damals noch drohende Wehrpflicht. Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine wurde eine Wiedereinführung der Wehrpflicht immer wieder zum Thema gemacht. Seit November 2025 ist die Entscheidung der Bundesregierung getroffen: Ab Januar 2026 müssen sich alle jungen Männer durch einen Fragebogen erfassen lassen. Ab voraussichtlich Juli 2027 kommen verpflichtende Musterungen hinzu. Der Dienst an der Waffe bleibt „freiwillig“ wenn sich genug Männer melden.
Das Thema ist sehr präsent in der Öffentlichkeit und wird vielfach vor allem moralisch argumentiert. Bei Infoveranstaltungen der Bundeswehr an unseren Schulen oder auch im Kindernachrichtenformat Logo müssen sich Jugendliche vorhalten lassen, sie wären nicht bereit ihre Familien zu verteidigen, würden sie im Stich lassen, wenn sie sich gegen eine Wehrpflicht aussprechen. Die Propaganda der Bundesregierung ist massiv, ein Angriff von Russland scheint unabwendbar. Und vor allem gänzlich unabhängig vom Handeln Deutschlands bzw. der NATO. Dabei ist völlig klar, dass Deutschland als imperialistischer Player um seinen Platz in dieser Welt kämpft und nicht unsere Familien schützen, sondern seine eigenen Interessen durchsetzen will. Und da sind wir als Jugend nicht dabei!
Zu Beginn unserer Arbeit im Bereich Militarisierung veranstalteten wir offene Treffen, zu denen wir neue Leute einluden. Immer wieder hängten wir neue Plakate rund um Schulgebäude auf, um für das nächste „Offene Treffen gegen Wehrpflicht und Militarisierung“ zu werben. Die Treffen hatten durchaus Erfolg und einen Stellenwert für uns als Gruppe: neue Leute kamen und lernten uns kennen; auch Jugendliche, die sich bereits im Umfeld unserer Gruppe bewegten, kamen zu den Treffen und interessierten sich für das Thema. Wir tauschten uns über Aktivitäten der Bundeswehr an Schulen und Möglichkeiten, dagegen aktiv zu werden, aus. Ideen gab es viele, schwierig gestaltete sich jedoch, gemeinsam ins Handeln zu kommen und konkrete Aktionen vorzubereiten, da viele Jugendliche nicht kontinuierlich an unseren Treffen teilnahmen.
Wir fokussierten uns deshalb auf einen anstehenden Besuch der Bundeswehr am Johannes-Scharrer-Gymnasium, den einige der Schüler*innen und auch wir als Jugendgruppe nicht unkommentiert lassen wollten. Wir entwarfen Flyer, die über Wehrpflicht und Militarisierung aufklärten, für unsere offenen Treffen warben und warfen diese am Tag des Bundeswehrbesuchs durch die Gänge der Schule. Im Vorfeld tauchten bereits mehrere Transparente in der Nähe der Schule auf und am Tag selbst wurde ein größeres antimilitaristisches Transparent vom Dach der Schule herunter gelassen. Die Flyer gaben Inspiration für aufrüstungskritische Fragen, die während des Vortrags gestellt werden konnten. Die Aktionen sorgten für große Aufmerksamkeit in der Schule und machten den Offizier bei seinem Vortrag durchaus stutzig. Durch die Vorschläge für kritische Fragen sorgten wir dafür, dass auch während die Bundeswehr vom Krieg erzählte, unser Protest sichtbar blieb.
Die Aktion kann als erster Höhepunkt unserer offenen Treffen gewertet werden, fand in unseren Reihen viel Anklang und war einige Tage Thema unter den Schüler*innen. Wir stellten jedoch auch fest, dass viele Jugendliche noch nicht realisierten, wie ernst die Lage bezüglich einer Wehrpflicht bereits zu diesem Zeitpunkt war. Wir hatten den Eindruck, dass es zu früh war für weitere Aktionen, weshalb wir uns vorerst auf andere Themen fokussierten und beschlossen, die Kampagne wieder aufleben zu lassen, sobald mehr Bewegung in die Thematik kommen würde.
Das war im November 2025 der Fall, als Union und SPD sich über das neue Gesetz zur Wehrpflicht einigten. Als Revolutionäre Zukunft Nürnberg mobilisierten wir zusammen mit den Genoss*innen der RZ’s aus Schwäbisch Gmünd und Stuttgart unter dem Motto „Die Jugend sieht rot. Vereint gegen Militarisierung und Wehrpflicht“ zu unserer ersten eigenen Demonstration. Ca. 200 Menschen folgten unserem Aufruf und zogen lautstark mit uns durch die Stadt. Unsere Route führte direkt durch die Innenstadt, die durch verschiedene Weihnachts- und Winterveranstaltungen stark bevölkert war. Wir legten viel Wert auf eine Vermittlung unserer Anliegen, verteilten deshalb am Rande der Demonstration Flyer und waren an unserer Auftakt- und Abschlusskundgebung mit einem Infostand persönlich ansprechbar. Mit unserer Demo konnten wir in Nürnberg ein Zeichen setzen und viele Menschen erreichen. Das war für uns aber erst der Startschuss, unser Widerstand gegen Wehrpflicht und Militarisierung ist noch lange nicht am Ende. Die Demo war für uns nicht nur nach Außen, sondern auch nach Innen ein Erfolg, denn zum ersten Mal konnten wir als Jugend aus drei verschiedenen Städten auf einer von uns organisierten Demonstration auftreten und praktisch erleben, was eine überregionale Organisierung bedeutet. Wie unsere Genoss*innen aus Stuttgart in ihrer kämpferischen Rede formuliert haben: „Wir wissen: wer jung ist und allein kämpft, kämpft mit gebundenen Händen. Aber eine organisierte Jugend, eine Jugend, die sich bundesweit vernetzt, Strukturen aufbaut und füreinander einsteht – so eine Jugend ist eine Kraft, die man nicht so leicht brechen kann.“ Genau das konnten wir am 22.11. praktisch erleben. Wir haben gefühlt, wie viele wir sind, wie stark wir sind und gehen gestärkt und voller Motivation aus dieser Demonstration hervor.
„Wir sind hier, um zu zeigen: Die Jugend steht auf. Die Jugend ist laut. Die Jugend sieht rot.
Und wir hören nicht auf, bis wir eine Zukunft haben, die uns gehört.Für eine revolutionäre Zukunft.“ (Aus der Rede der RZS am 22.11. in Nürnberg)

