Die Zimmerwalder Konferenz – ein historischer Rückblick
05. Dezember 2025Am Vorabend des 1. Weltkrieges schwenkten fast alle sozialistischen Parteien, die in der zweiten Internationale organisiert waren, auf einen patriotischen Kriegskurs um. Sie wendeten sich von der Idee eines internationalistischen Klassenstandpunkts ab, um für den Krieg der herrschenden Klassen zu werben. Nicht zuletzt wurde der Krieg durch die nationalistische Propaganda ihrerseits unter den Arbeiter*innen erst ermöglicht. Im deutschen Reichstag stimmten die SPD-Abgeordneten, mit wenigen Ausnahmen wie Karl Liebknecht, für die Erteilung von Kriegskrediten. Damit trugen diese pseudo Sozialist*innen die Barbarei eines Krieges in bis dahin kaum geahnter Form des industriellen Massenmords mit. Diese Politik des Burgfriedens, die von den sozialistischen Parteien in England, Frankreich, Österreich und Deutschland übernommen wurde, verantwortete in den darauf folgenden Jahren Abermillionen Tote der internationalen Arbeiter*innenklasse. Doch in all diesen Ländern gab es Minderheiten, die sowohl am Internationalismus als auch Antimilitarismus festhielten und die nicht bereit waren, Klasseninteressen dem falschen nationalen Kollektiv der Herrschenden unterzuordnen.
Mitten im tobenden 1. Weltkrieg tagte vom 5. – 8. September 1915, geheim im Dorf Zimmerwald in der Nähe der Schweizer Stadt Bern eine internationale Konferenz sozialistischer und syndikalistischer Kriegsgegner*innen, wie z.B. Lenin, Radek oder auch Grimm. Die entsandten Delegierten stammten größtenteils aus der Minderheitenströmung ihrer jeweiligen sozialistischen Parteien, aber auch anderer revolutionären Strömungen und suchten zum ersten Mal nach dem Zerfall der 2. Internationalen eine Verständigung über die Länder und Kriegsparteien hinweg. Es gab verschiedene Vorstellungen, wie die Arbeiter*innenbewegung mit dem Weltkrieg als Ausgangspunkt umzugehen habe. So konnte sich nicht auf den Vorschlag der sogenannten Zimmerwalder Linken rund um Lenin geeinigt werden. Diese schlug vor, zu versuchen, den Krieg unmittelbar in einen revolutionären Bürgerkrieg gegen die herrschende Klasse im eigenen Land zu transformieren. Dennoch konnte sich unter den knapp 40 Konferenzteilnehmer*innen auf ein Manifest geeinigt werden, welches die Arbeiter*innen dazu aufrief, den Kampf gegen den Militarismus und den Kampf für den Frieden aufzunehmen. Das Manifest wurde damit zum Orientierungspunkt aller an der Zimmerwalder Konferenz beteiligten internationalen Strömungen und zu ihrer praktischen Linie, die sich später beträchtlich in der lohnabhängigen Klasse verbreitete.
Zu diesem Zeitpunkt waren weite Teile der Bevölkerung der kriegführenden Staaten noch bereit, in ihrer Verhetztheit den Krieg für die Reichen zu führen. Es dauerte noch bis 1916, als im deutschen Reich sich die Widersprüche so zuspitzten, dass die Arbeiter*innenklasse dort durch die entfaltete Barbarei des Krieges, des Hungers und des Elends, den Klassenkampf wieder offen aufnahm. In diesem Moment trug die Politik der Zimmerwalder Konferenz Früchte und sie konnte mit ihrer Haltung zu dem Erfolg der Kämpfe beitragen. Ohne sie wäre die revolutionäre Beendigung des 1. Weltkriegs durch die Novemberrevolution in Deutschland und die Oktoberrevolution in Russland in dieser Form nicht denkbar gewesen. Die Internationalist*innen von Zimmerwald zeugen noch heute davon, dass es auch in schwierigsten Zeiten lohnt, an richtig erkannten Standpunkten festzuhalten und sie gegen alle Widerstände zu Bewahren. Oder in den Worten Rosa Luxemburgs: „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat“.


